Der Kampf um existenzsichernde Löhne in Bangalore – Praktikum bei Munnade I

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Larissa Aldehoff studiert Internationale Studien und Friedens- und Konfliktforschung und hat ein Praktikum bei der indischen Partnerorganisation Munnade in Indien gemacht. In Bangalore im Bundesstaat Karnataka, dem Silicon Valley Indiens, lernte sie einiges von den mutigen Frauen aus der Textilindustrie.

In Bangalore, dem Silicon Valley Indiens, haben internationale IT-Firmen hier ihren Sitz, ebenso wie Call-Center US-amerikanischer Firmen, in denen gut ausgebildete, junge Menschen arbeiten. Ich erfuhr sehr schnell, dass Bangalore nicht nur IT-Hauptstadt Indiens ist. Auch viele Kleidungsfabriken sind hier angesiedelt. Nahezu alle großen Marken wie H&M, Adidas, Hugo Boss aber auch C&A lassen hier ihre Kleidung nähen. Die Arbeitsbedingungen in diesen Fabriken sind schlecht, teilweise unzumutbar. Die Löhne viel zu niedrig, auch wenn sie meist dem gesetzlichen Mindestlohn entsprechen. Der beträgt aktuell 252 Rupees pro Tag, das sind nicht mal 3,10 Euro und reicht bei Weitem nicht für halbwegs hinnehmbare Lebensbedingungen.

Deswegen haben vier mutige Frauen, Rukmini, Yashodha, Saroja und Saraswathi 2004 die Gewerkschaft Munnade gegründet. Als ich sie das erste Mal in Bangalore treffe, erfahre ich, dass sie selbst jahrelang als Näherinnen in Fabriken gearbeitet haben. Sie erzählen von dem Druck, immer mehr Kleidung in immer kürzerer Zeit nähen zu müssen. Von Beleidigungen der Aufseher und des Managements der Fabriken, von den vielen unbezahlten Überstunden, dem langen Arbeiten ohne angemessene Pausen – noch nicht mal, um aufs Klo gehen zu können – von fehlender medizinischer Versorgung bei Notfällen, der schlechten Luft und dem fehlenden Licht in den Fabriken. Schlimmere Fälle wie sexuelle Belästigung oder Fehlgeburten durch Überarbeitung deuten sie anfangs nur an, mittlerweile erzählen sie offen von solchen Fällen. All das tagtäglich selbst zu erfahren und bei den Kolleginnen mitzubekommen hat Rukmini und die anderen fertiggemacht.

Doch es ist ihnen gelungen, Munnade zu gründen und gegen diese Missstände anzugehen. Noch immer ist das Organisieren von Arbeiterinnen und Arbeitern sehr schwer und Munnade wird von den Fabrikbesitzern nach wie vor nicht als offizielle Gewerkschaft anerkannt. Trotzdem konnte sie in den letzten Jahren einigen Einfluss entwickeln wie auch ein  Kurzfilm eindrucksvoll zeigt. Die Frauen erzählen von Fällen, in denen sie Streit zwischen Arbeiterinnen und Fabrikmanagement schlichten und Kompensationszahlungen aushandeln konnten. Ich erfahre, dass Munnade-Vertreterinnen sogar an einer Experten-Gesprächsreihe des Arbeitsministeriums Karnatakas zur neuen Arbeitsgesetzgebung eingeladen worden sind.

Bei all den unvorstellbaren Dingen, die ich erfahre, tut es gut zu sehen, was Munnade auf die Beine stellt und das Leben von Arbeiterinnen und ihren Familien verändern kann. Ich unterstütze sie bei der Kommunikation mit internationalen Akteuren und der Öffentlichkeitsarbeit über das Internet. Aber sie geben mir auch tiefgehende Einblicke in ihre Arbeit. Durch ihre Berichte, Aktivistinnentreffen, aber auch die ganz alltägliche Büroarbeit erfahre ich von einigen der zahlreichen Probleme und Herausforderungen, aber auch von kleinen und manchmal sogar großen Erfolgen von Munnade.

Im zweiten Teil erzählt Larissa von ihrer Arbeit bei der NGO Cividep.

Fotos: privat

 

 

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