„Es tut nicht weh, bewusster einzukaufen“ – Christina Wille, Gründerin von loveco, im Interview

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Interview Karriere

Nach dem Studium der Materiellen Kultur: Textil in Oldenburg hat Christina Wille loveco eröffnet – öko-fairer Concept-Store in Berlin. Wir haben den Laden schon im Rahmen der Green Fashion Tour besucht und durften Christina nun einige Fragen zu ihrem Studium und ihrer Tätigkeit im Shop stellen.

Wie war Dein Studium? Welche Inhalte wurden v.a. behandelt?
Mein Studium der Materiellen Kultur: Textil war ein kulturwissenschaftlicher Studiengang mit einem Schwerpunkt auf Textilem und Bekleidung. Wir haben viel wissenschaftlich gearbeitet, viel Museumsarbeit geleistet, aber auch praktische Ansätze durchgenommen, wie bspw. Schnittmuster anfertigen, Kostüme für ein Theaterstück gestalten oder im Labor Materialproben analysieren. Herr Henzel, einer unserer Dozenten, ist Chemiker und hat uns neben den Laborarbeiten mit der Textilproduktion vertraut gemacht. Hier ging es nicht nur um den Anbau von Bio-Baumwolle, sondern auch um sämtliche Siegel in der Textilbranche, um Materialien, um die Voraussetzungen für eine faire Produktion und in diesem Zuge auch sehr intensiv um Menschenrechte und Sozialstandards.

Hast Du selbst im Studium an einem „fairen Projekt“ mitgearbeitet?
Ich habe während des Studiums ein Schulprojekt mit drei weiteren Kommilitoninnen gestartet, wozu wir während einer Projektwoche in eine Klasse gingen, um mit den SchülerInnen die Bedingungen der Textilproduktion zu bearbeiten. Es ging im Seminar um Vermittlungsarbeit und es war damals ein guter Ansatz, sich mit jungen Menschen darüber auseinanderzusetzen, weshalb wir überhaupt Kleidung kaufen und welche Auswirkungen unser Konsum hat. Ich denke, man kann gerade bei Schüler_innen sehr viel anstoßen, weshalb ich dieses Projekt auch gemacht habe. Besonders spannend zu beobachten war, dass einige am Ende der Woche völlig anders über ihren Kleidungskonsum nachgedacht haben, darüber, wie viel sie einkaufen und bei welchen Firmen. Ob sie es weiter fortgesetzt haben, wissen wir allerdings nicht, aber es zeigte, das Aufklärungs- und Vermittlungsarbeit einen Einfluss haben kann.

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Innenansichten: loveco in Berlin-Friedrichshain

Warum hast Du Dich für die Selbstständigkeit mit einem öko-fairen Laden  in Berlin entschieden?
Mir erschien das Angebot im Jahr 2013 im Vergleich zur Nachfrage nach ökologisch und fair produzierter Bekleidung in Berlin relativ gering. Ich wollte zeigen, dass „Ökomode“/ Ecofashion konventioneller Mode in nichts nachsteht und dass es nicht „weh tut“, bewusster einzukaufen. Viele verbinden mit ökologischer Bekleidung immer noch blasse Farben, Ledersandalen und eher unmodische Styles. Dass sich da in den letzten zehn Jahren viel getan hat, möchte ich zeigen – und das wird auch gut angenommen. Außerdem macht es einfach Spaß, tolle Kleidung verkaufen zu dürfen, die unter ethischen Standards hergestellt wurde. Der konventionelle Markt hingegen langweilt mich bisweilen sehr. Kleidung korrekt herzustellen, ist eine viel sinnvollere Beschäftigung und Herausforderung, als die Bedingungen unhinterfragt hinzunehmen.

Wie hat Dich Dein Studium auf die Selbstständigkeit vorbereitet? Was hättest Du Dir gewünscht?
Mein Studium hat mich für mein Wissen über ökologische Standards, Chemikalien in Textilien, faire Produktionsbedingungen und Kleidungstechnik auf diesen Job vorbereitet. Aber nicht darauf, was man sonst für eine Selbstständigkeit braucht. Darauf ist der Studiengang aber auch nicht ausgelegt. Das sind Dinge, die man eher in einem BWL-Studium lernt.

Wie sieht Dein Alltag im Laden aus? Was sind die Herausforderungen bzw. Schwierigkeiten?
Mein Alltag ist jeden Tag anders. Ich bin viel im Laden, aber auch im Büro und arbeite am Onlineshop mit. Dann gibt es auch mal Shooting-Tage für neue Bilder im Shop. Gerade jetzt, wo die Saison neu beginnt, kommt viel Ware, die eingepflegt werden muss, dekoriert und präsentiert werden will. Das sind immer besonders schöne Momente: Die Anfangsphase, in der man merkt, welche Sachen beliebt sind und welche eher weniger. Das kann natürlich auch eine Herausforderung sein! Man weiß ja beim Ordern der Ware ein halbes Jahr vorher nicht, was dann nachher den Kund_innen gefällt. Das ist eine Schwierigkeit, der man sich stellen muss. Aber mit der Zeit entwickelt man ein immer besseres Gefühl für die eigenen Kund_innen. Da muss man reinwachsen.

Wie präsent findest Du das Thema „Faire Kleidung“ insgesamt? Wie könnte man es Deiner Meinung nach, präsenter machen?
Wir haben bisher wenig „Aufklärungsmaterial“ im Laden. Wir setzen viel auf Kommunikation mit den Leuten, die im Laden sind. Es ist mir wichtig, dass die Menschen erfahren, woher ihre Kleidung stammt oder aus welchem Material sie ist. Das kann man nicht bei jeder Kundin und jedem Kunden schaffen, aber wir versuchen so viel Information herauszugeben, wie möglich, wenn es gefragt ist.

Vielen Dank für das Gespräch!

Die Fragen stellte Kristina Klecko, Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei FEMNET.

Fotos: loveco

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