Fair, aber bitte nicht zu perfekt – Bloggerin Vreni Jäckle über Modeprotest II

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Faire Medien Interview Mode

Warum macht faire Mode glücklich? Vreni Jäckle hat Informationsmanagement und Unternehmenskommunikation studiert. Derzeit arbeitet die 24-Jährige als PR-Redaktions-Volontärin bei dem Online-Magazin Edition F in Berlin. Im ersten Teil des Interviews erzählt sie uns über ihren Blog Jäckle & Hösle und warum Fair Fashion immer gefragter wird. Im zweiten Teil verrät sie uns, was Fair Fashion hat – und was Fast Fashion nicht hat. 

Du sagst, du liebst Vintagekleidung, früher als Modeprotest – was ist es heute?

Vreni Jäckle: Heute ist es viel mehr als nur ein reiner Modeprotest. Ich finde es einfach unglaublich schön, Teile zu tragen, die eine Geschichte haben und ich mag den Gedanken von langlebiger Mode sehr, weil damit auch gleich eine ganz andere Wertschätzung einhergeht. Ich finde oft Vintageteile, die aus sehr hochwertigen Stoffen und toll verarbeitet sind. Allein, wenn ich da über die Nähte streiche, muss ich grinsen, weil man richtig spürt, dass man ein Teil in der Hand hat, dass etwas wert ist. Und dass es auch so toll gemacht wurde, dass es nicht nur die letzten Jahre durchgehalten hat, sondern auch noch sehr lange halten wird. Das ist einfach von Grund auf etwas Anderes, als ein Fast-Fashion-Teil in der Hand zu halten.

Was hat Fair Fashion noch – was Fast Fashion nicht hat?

Da sind da natürlich noch viel mehr Vorteile: Es schont Ressourcen, weil etwas verwendet wird, was schon da ist. Es entschleunigt die Modewelt, man hat in der Regel tolle Einzelstücke und es ist gerade für Menschen toll, die keine Fast Fashion kaufen wollen, aber vielleicht nur ein sehr begrenztes Budget haben. Man kann sich nirgendwo sonst so günstig, schön und individuell einkleiden wie in einem guten Secondhand- oder Vintageshop.

Warum lebst du vegan und achtest auf Nachhaltigkeit?

Ich sage eigentlich überhaupt nicht von mir, dass ich vegan lebe, weil ich zwar vegan esse, aber zum Beispiel Vintage-Lederschuhe trage. Das kann man natürlich heiß diskutieren, aber das ist hier ja gerade nicht das Thema. Ich esse vegan und versuche auch in allen anderen Lebensbereichen möglichst bewusst und nachhaltig zu leben, weil ich glaube, dass wir ganz generell wieder sehr viel mehr Bewusstsein dafür brauchen, was wir tun. Wieso sollten wir Tiere essen, wenn es auch anders geht und eine vegane Ernährung der Umwelt, Tieren und mir selbst zugutekommt? Warum sollten wir die Ausbeutung von Menschen in der Textilbranche mit unserem Geld unterstützen, wenn wir auch Vintagekleidung oder Fair Fashion kaufen können?

Was kritisierst du an dieser Konsumhaltung?

Das „Standard-Konsumverhalten“ macht für mich in der heutigen Zeit einfach keinen Sinn. Es muss nicht alles von jetzt auf gleich passieren, aber ich glaube einfach, dass wir Dinge hinterfragen sollten. Und ich bin zu dem Schluss gekommen, dass ich bei einigen Dingen nicht mitmachen will. Wie gesagt: Ich will auf keinen Fall den Eindruck machen, dass ich dahingehend „perfekt“ bin – das ist alles ein Prozess. Wichtig zu sagen ist dann auch noch: Die Verantwortung liegt natürlich nicht allein beim Einzelnen, sondern auch bei Wirtschaft und Politik, gar keine Frage.

Wie soll es mit Fair Fashion weitergehen?

Wir müssen endlich raus aus der Nische! Das wird wirklich mal Zeit. Viele sprechen in der Hinsicht ja ganz oft von guten Designs und dass faire Mode toll aussehen muss. Das glaube ich auch, aber all das nutzt leider so überhaupt nichts, wenn die Verfügbarkeiten nicht besser werden. Faire Mode muss viel stärker im Einzelhandel vertreten sein und zwar nicht nur im hippen Berlin, wo es viele Fair Fashion Stores gibt, sondern vor allem auch in bekannten und beliebten Modehäusern. Wenn das faire Shirt neben dem konventionellen liegt, aber mindestens gleich gut aussieht und es für den Konsumenten ersichtlich ist, dass er oder sie damit die bessere Wahl trifft, darf es sogar ein bisschen teurer sein.

Vielen Dank für das Gespräch.

Hier geht es zum ersten Teil des Interviews.

Foto: FEMNET

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